Affäre Tiedge – Berichtsaufträge Sprangers an das BfV

Nach der Flucht des VfS-Beamten Hans Joachim Tiedge in die DDR wurde von der SPD und Grünen Bundestagsfraktion ein parlamenta­rischer Untersuchungsausschuß eingesetzt, der die Aktivitäten des BfV und die Ausübung der Dienst- und Fachaufsicht durch das BMI überprüfen sollte (BT Drs. 10/4837)

Im Laufe dieser Untersuchungen teilte der Vizepräsident des BfV, Stefan Pelny, dem Ausschuß mit, daß das Bundesamt auf Anweisung von Staatssekretär Spranger Be­richte über „linksextremistische Einflüsse auf die Grünen“ erstellt hat, die Spranger an den Tübinger CDU-Abgeordneten Todenhöfer weitergeleitet hatte. Nach Aus­kunft des BMI waren die Berichte anhand von Mitteilungen der LfV erstellt worden. Spranger beauf­tragte das BfV nicht nur mit der Erstellung von Berichten für den Abgeordneten Todenhöfer, sondern er fragte darüber hinaus für den CDU/CSU-Fraktionsvorsitzenden Dregger an, „ob das BfV Erkennt­nisse habe, die eine Identifikation des RA Schily, früherer Strafver­teidiger linksextremisticher Terro­risten, mit deren Zielen belegen könnte (BT-Drs. 10/4837, S. 23).

Neben Spranger konnte sich auch der Bürovorsteher von Dregger und der Ministerialbeamte Mensing (Nachrückerpapier über die Grü­nen) vom BfV mit Material bedie­nen lassen. In dem Maße, wie die­ses Vorgehen einer massiven öf­fentlichen Kritik ausgesetzt war, lancierten die CDU/CSU-Mitglieder im Untersuchungsausschuß Meldun­gen, daß sich auch die SPD in ih­rer Auseinandersetzung mit dem „politischen Extremismus“ durch Material aus dem BfV unterstützen ließ. Pikanterweise wurde in die­sem Zusammenhang ausgerechnet der Untersuchungsausschußvorsit­zende Gerhard Jahn genannt. Er hatte sich 1976 für innerparteiliche Auseinandersetzungen im Stadtverband von Marburg des BfVs bedient. (BT-Drs. 10/4837)

 Dieser Chronik-Eintrag wurde der Zeitschrift CILIP – Bürgerrechte und Polizei Nr. 28 (Heft 3/1987) entnommen. Mit herzlichem Dank an die Herausgeber.

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