Nach einem Spiegel-Bericht hat das BfV von den alliierten Nachrichtendiensten auf Anfrage das Material von abgehörten Telefongesprächen und von geöffneten Briefen übermittelt bekommen. Darunter waren auch Telefongespräche eines FDP-Spendenbeschaffers, der dem BfV durch seine berufsbedingte Geschäftigkeit auffiel. Nachdem eine erste Observation keine weiteren Ergebnisse er brachte, wandte sich das BfV mit der Bitte, die „erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen„, an die alliierten Geheimdienste. Hierauf wurden die angefragten Materialien übermittelt.
Regierungssprecher Dr. Hase dementierte. Es sei „kein Fall bekannt, wo die Alliierten gebeten wurden, den Fernsprech- und Postverkehr bestimmter Personen zu überwachen und die Ergebnisse dem BfV mitzuteilen„.
Bekannt wurde dieser Fall, weil der FDP-Finanzmann in seinem Telefon ein Gespräch hörte, das er bereits am Vortage geführt hatte. Das Tonband war versehentlich auf Wiedergabe anstatt auf Aufnahme gestellt worden. Präsident Schrübbers und Innenminister Höcherl wuschen ihre Hände in Unschuld.
Schrübbers: „Mein Amt hat ein gutes Gewissen. Wir verhalten uns ganz rechtsstaatlich.“
Höcherl: „Die Beamten in Köln handelten im Rahmen der Gesetze:“ (Spiegel, Nr. 38, S. 19, 1963)
Diese Äußerungen sind nur vor dem Hintergrund des Deutschlandvertrages von 1955 und dem Zusatzabkommen zum Nato-Truppenstatut zu verstehen, wonach die Alliierten die alten Vorbehaltsrechte zum Schutz ihrer Sicherheit behielten, einschließlich der Telefon- und Postkontrolle, solange der deutsche Gesetzgeber den Sicherheitsbehörden derartige Vollmachten vorenthält. Das Zusatzprotokoll, verpflichtete darüber hinaus die Bundesrepublik zur Zusammenarbeit mit den Westmächten in Sicherheitsfragen, speziell zum Austausch von geheimdienstlichen Nachrichten (vgl. auch die Neuen Sicherheitsgesetze von 1985, 1986) nach Abs. 2 Art. 5.
Die persönlichen Differenzen zwischen Altnazis und Mitarbeitern ohne braune Vergangenheit, sowie die ungezügelte Abhörwut des Bundesamtes führte schließlich dazu, daß sich zwei Mitarbeiter aus dem Amt dem Spiegel offenbarten. Werner Pätsch, Sachbearbeiter der Abteilung Spionageabwehr und H. Baethke, Leiter der Außenstelle Frankfurt. Baethke wußte zu berichten, daß selbst die Amerikaner den Überblick bei der Masse an Anfragen aus Köln verloren hatten und die Außenstelle in Frankfurt mit Material versorgten, das eigentlich für den BND und für das LfV in Wiesbaden bestimmt war. Aufgrund von Personalengpässen mußte die ungeheure Menge an Material schließlich von einer Sekretärin in Eigenverantwortung ausgewertet werden. Nach Aussagen von Baethke, genügte notfalls ein Anruf von ihr, um die Telefonkontrolle bei den Amerikanern in Gang zu bringen.
Dieser Chronik-Eintrag wurde der Zeitschrift CILIP – Bürgerrechte und Polizei Nr. 28 (Heft 3/1987) entnommen. Mit herzlichem Dank an die Herausgeber.
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